Schmetterlinge retten


Die Brennnessel ist die Wirtspflanze der „schönen“ Schmetterlinge: das Tagpfauenauge, der Kleine Fuchs und der Admiral. Das heißt, diese drei Arten legen dort - und nur dort! - ihre Eier ab, aus denen dann die Raupen erwachsen, die wiederum auch nur die Brennnessel als Futter annehmen.
Hier einmal eine alte Brennnessel mit viel Samen dran, daneben junge, frische. Nur die jungen, frischen Brennnesseln sind für diese Aufgabe wichtig.

Weg- und Feldränder, an denen viele Brennnesseln wachsen, werden leider oftmals früh im Jahr abgemäht. Dadurch verlieren die Raupen sowohl ihre Entwicklungs- und Lebensgrundlage als auch ihr Futter.
Dann ist einfach alles weg.

Aber: Vorher kommt ihr!
Ihr geht „auf die Pirsch“, heißt, ihr sucht zuerst einmal Orte, an denen die jungen Brennnesseln wachsen.
Geht ihr regelmäßig dorthin, findet ihr bestimmt bald die typischen Gespinnste: Die Schmetterlinge legen ihre Eier an der Unterseite des Brennnesselblattes. Aus den Eiern schlüpfen die Raupen, winzig klein, und wandern dann an die Spitze der Brennnesselpflanze. Dabei machen sie die Gespinnste. Die sehen aus wie dichte Spinnweben, in denen die Raupen sich zunächst aufhalten.
Manchmal kann man auch schon die ersten Raupen herauskrabbeln sehen …

Spätestens jetzt wird's Zeit, einen Kasten zu bauen, der ihnen einen Ort bietet, an dem sie sich - vor Sensen, Mähmaschinen und Giftspritzern geschützt - zu schönen Schmetterlingen verwandeln können. Bestenfalls habt ihr schon einen fertig. Es eilt!
Denn das ist wichtig: Für eine Aufzucht müsst ihr die Raupen finden, wenn sie noch klein sind. Je größer sie sind, desto mehr besteht die Möglichkeit, dass sie schon von Schädlingen befallen sind, die ihr euch dann ja auch mit in den Aufzuchtkasten holen würdet. Aber das darf ja nicht sein.
Ein Schmetterlings-Aufzucht-Kasten kann so aussehen: Dieser ist selbst gebaut und hat schon viele Male schöne, bunte Schmetterlinge entlassen. In der Tür befindet sich eine Plexiglasscheibe, durch die kann man alles gut beobachten. An den Seiten ist Gaze befestigt, durch die immer frische Luft in den Kasten kommt.

Los geht's: Es gilt nun an jungen! Brennnesseln die kleinen Gespinnste und Raupen zu holen!
Ihr nehmt einen Eimer als Transportbehälter, eine Schere und Gartenhandschuhe (die Brennnesseln brennen, deshalb heißen sie so 😊), schneidet die Brennnessel vorsichtig an der Wurzel ab und stellt sie ebenso vorsichtig in den Eimer. Und genauso vorsichtig tragt ihr den Eimer nach Hause.
Zur Erinnerung: So oder so ähnlich sieht es aus.
Zu Hause angekommen legt ihr den Boden des Kastens mit Papier von der Küchenrolle aus, stellt die Brennnessel mit dem Gespinnst in eine Vase oder in ein Glas mit Wasser und dieses dann in den Kasten.
Der beste Standort, an dem sich die Raupen wohl fühlen, ist ein geschützter, heller und luftiger Ort im Garten, aber auch einer, der nicht stundenlang voll in der Sonne ist. Das wird den Raupen dann zu heiß, so wie es euch ja auch zu heiß werden würde.

Nun könnt ihr zuschauen, was passiert …
Ihr habt aber auch dafür zu sorgen, dass sie Raupen alles bekommen, was sie brauchen: Wenn die Brennnesseln schlapp oder abgefressen sind, schneidet ihr frische und stellt sie dazu, denn - so wie ihr auch - mögen die Raupen kein gammeliges, schlappes Obst und Gemüse. Alte, verwelkte und abgefressene Brennnesselstängel müssen also raus. Das macht ihr die nächsten 10-14 Tage. Am besten macht jemand einen Plan, wer an welchem Tag dran ist, sich zu kümmern.
Die Raupen, wachsen und häuten sich 4-5mal während dieser Zeit. Deshalb gilt: immer schön den Schmutz am Boden wegmachen!


Und dann – aufgepasst! Jetzt wird es noch spannender: Die Raupen hängen sich an die Decke des Kastens und beginnen sich zu verpuppen, was heißt, sie ziehen eine Art Haut über sich. Wenn das alle gemacht haben, nehmt ihr vorsichtig und leise die Vase heraus, das alte Küchenpapier ebenfalls, und legt ein letztes Mal frisches Papier hinein. Ihr werdet später sehen warum. Neue Brennnessel brauchen sie nun nicht mehr.


Wenn es während dieser Zeit sehr warm und trocken ist, nehmt ihr eine Sprühflasche mit Wasser und sprüht die „Puppen“ (lustig, dass die so heißen, oder?) mit Abstand! und seichtem! Sprühnebel ab und zu mal etwas an. Das ist wie eine kleine Erfrischung. Aber Vorsicht: Es darf in der Nähe und am Kasten nicht getobt, gerüttelt und angestoßen werden. Alles braucht nun Ruhe.
Wieder wartet ihr ca. 10 Tage und dann passiert es wie ein Wunder: Die Puppen platzen auf und es erscheinen die Schmetterlinge. Nun dauert es noch 2-4 Stunden bis die Flügel ausgehärtet sind und die wunderschönen Schmetterlinge fliegen können. Es lohnt sich, mehrmals am Tag zu schauen. Und wer Geduld hat, kann dabeibleiben und es beobachten.
Im Bild ein Tagpfauenauge.

Wenn alle Schmetterlinge geschlüpft sind, wartet ihr, bis alle Beteiligten (der Gruppe oder der Familie) zusammenkommen können, und tragt den Kasten behutsam an eine freie Fläche im Garten. Hier findet nun die "Entlassung" statt:
Alle stehen in etwas Abstand zum Kasten, werden ganz ruhig und leise. Dann öffnet ein(e) Erwachsene(r) die Tür des Kastens und „entlässt“ die Schmetterlinge in die Freiheit. Wünscht ihnen alles Gute und winkt ihnen vielleicht nach – so wie auch sie mit ihren bunten Flügeln „winken“, wenn sie an uns vorbeifliegen. Das könnt ihr bestimmt sehen, wenn ihr still und aufmerksam seid.

Mögen nun in eurem Garten und auch in anderen Gärten hoffentlich viele Blumen blühen, damit alle Schmetterlinge genügend Futter finden und satt werden. Dann können sie den Winter überleben und im nächsten Jahr wieder zu uns kommen.
Im kommenden Herbst könnt ihr an manchen Stellen in eurem Garten vielleicht auch noch insektenfreundliche Pflanzen anpflanzen oder ein Stück des Rasens umgraben, wo ihr im nächsten Frühling eine Wildblumenwiese einsät. Dann kommt der eine oder andere Schmetterling bestimmt gerne zurück.
Im Bild seht ihr einen Schmetterling, der seine Flügel zusammengeklappt hat. Das sieht man manchmal im Winter in einem Schuppen oder an der Decke der Garage. Dann lasst ihr ihn bitte in Ruhe und fasst ihn nicht an, denn: pssst – er schläft.
Vielleicht merkt ihr – irgendwann im nächsten Frühling – dass er fort ist. Wenn ihr aufpasst, könnt ihr ihn in eurer Wildblumenwiese entdecken und zusehen wie er sich satt isst. Und wieder wird er sich einen Platz an einer Brennnessel suchen, um wieder seine Eier abzulegen.
Wenn ihr euren Kasten gut aufgehoben habt und er heil geblieben ist, dann seid ihr vorbereitet, um die nächsten Gespinnste und Raupen vor den Sensen und Mähmaschinen zu retten. Und – ihr wisst genau, wie es geht und nehmt vielleicht einen Freund oder eine Freundin mit. Dann werden die Schmetterlinge jedes Jahr wieder mehr und mehr und mehr.
Und ihr seid richtige Schmetterlingsretter und -retterinnen. Wie toll ist das denn😊. Herzlichen Glückwunsch!
Durchgeführt und fotografiert von Uwe Dietrich